Gott, manchmal merke ich, ich habe nichts in der Hand. Meine Hände sind leer. Ich frage mich, wo bist du? Wo ist dein Segen und dein Schutz, wenn Menschen in den Fluten umkommen, Existenzen weggespült werden und die Trauer groß ist. Warum hilfst du nicht?
Lied: „Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr“ (EG 382, Text: Huub Osterhuis) – zum anhören, hier klicken.
1. Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr,
fremd wie dein Name sind mir deine Wege.
Seit Menschen leben, rufen sie nach Gott.
Mein Los ist Tod, hast du nicht anderen Segen?
Bist Du der Gott, der Zukunft mir verheißt?
Ich möchte glauben, komm mir doch entgegen.
2. Von Zweifeln ist mein Leben übermannt,
mein Unvermögen hält mich ganz gefangen.
Hast du mit Namen mich in deine Hand,
in dein Erbarmen fest mich eingeschrieben?
Nimmst du mich auf in dein gelobtes Land?
Werd ich dich noch mit neuen Augen sehen
3. Sprich du das Wort, das tröstet und befreit
Und das mich führt in deinen großen Frieden.
Schließ auf das Land, das keine Grenzen kennt,
und laß mich unter deinen Söhnen leben.
Sei du mein täglich Brot, so wahr du lebst.
Du bist mein Atem, wenn ich zu dir bete.
Ein Lied, in dem es für den Beter oder die Beterin um alles geht: Das Gefühl, Gott fremd geworden zu sein. Und das Vertrauen auf Gott rinnt wie Sand durch die Finger.
Mir ist heute die letzte Strophe am nächsten: „Sprich du das Wort, das tröstet und befreit. Und das mich führt in deinen großen Frieden.“ Diese Worte erinnern mich an eine Situation im Johannesevangelium. Da ist Jesus schon eine ganze Zeit lang unterwegs. Er predigt und heilt und lindert Not – und macht sich dabei nicht nur Freunde. Seine Worte sind oft auch scharfzüngig, provokant und manchmal unverständlich. Nach und nach kehren sich Menschen von ihm ab. Auch manche Jüngerinnen und Jüngern. Da wendet sich Jesus an seine übrigen Jünger und fragt: „Was ist mit euch – Wollt ihr mich auch verlassen?“
Manchmal fühlt es sich auch für mich an, als wäre Gehen der einfachere Weg. Wenn ich mich frage, wo Gottes Bewahrung und sein Segen ist. Warum er nicht seine Flügel über uns breitet, wenn die Dämme in Süddeutschland brechen. Oder das Auto in den Gegenverkehr rast. Wenn die Pandemie uns einsam hat werden lassen. Oder wenn die Trauer unser Herz ausfüllt. Manchmal wäre Gehen der einfachere Weg, denn dann würden meine Fragen nicht länger ins Leere laufen.
Petrus antwortet Jesus auf seine Frage mit zwei Sätzen: „Wohin sollten wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“ Und ich denke: Ja, so geht es mir auch. Gehen wäre manchmal das einfachere. Aber ich komme wie Petrus auch in meinen Fragen und Zweifeln von meinem Gott nicht los. Ich wüsste nicht, wo ich sonst „Worte des ewigen Lebens“ finden sollte, wie Petrus sie nennt. Worte, die zwar nicht alles erklären, aber die mir durch das Schwere helfen. Worte, die ich mir nicht selbst sagen kann.
Trostworte. Befreiungsworte. Friedensworte. Worte für Momente, in denen mir der Boden unter den Füßen weggezogen wird: „Gott lässt das Werk seiner Hände niemals los“ und „Siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an das Ende der Welt.“
Worte gegen den Augenschein. Gott hält uns fest. In den Fluten und an den Krankenbetten. In der Einsamkeit und in der Trauer. Auch durch den Tod. Worte wie Brot. Wie Wegzehrung auf unseren manchmal so steinigen Lebenswegen.
Ich weiß nicht, warum alles geschieht. Ich halte es Gott klagend hin. Und ich ahne: Er hält mich auch dann. Und er wird halten, was er versprochen hat. Amen.
Gebet:
Gott, wir sind erschüttert von den Bildern und Nachrichten der Flutkatastrophe. Wir legen dir die Opfer ans Herz und in die Hände. Die Menschen, die alles verloren haben und vor Trümmern stehen. Wir halten dir die Verzweiflung hin, die Trauer um die Toten, die Angst um die Vermissten. Die Erschöpfung der Hilfskräfte. Wir bitten dich um Trost. Wir bitten dich um Hoffnung und Rettung.
Gott wir bitten dich für alle, die mit leeren Händen vor dir stehen. Komm du ihnen entgegen. Fülle ihre Hände mit Glaube, Liebe und Hoffnung. Segne sie.
Und mit Jesus beten wir: Vater unser im Himmel…
Segen: + Gott segne dich und Gott behüte dich. Gott lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Und Gott erhebe das Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Amen. +
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