Wo ist ein Gott, wie du es bist, der die Sünde vergibt, denn er liebt die Gnade!
Er wird sich unser wieder erbarmen,
und alle unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen.
aus Micha 7,18-19
„Wo ist ein Gott, wie du?“ fragt der Prophet Micha und gibt damit die Antwort gleich mit: Keiner ist wie du, Gott. So ist das wohl, wenn wir anfangen, zu vergleichen. Gott kann ich schwer vergleichen mit dem, was ich erlebe und fühle. Gott ist immer mehr, anders, größer als alles, was ich mir vorstelle.
Aber wir kennen einen, der konnte das. Und der hat das gemacht, jeden Tag. Er hat Gott mitten in die Welt hineinbuchstabiert. Er hat erzählt, wie Gottes Güte ist.
Von der Güte im Verlorengehen
Jesus erzählt davon, dass Gottes Güte so ist wie, wenn du alles auf eine Karte setzt, den Zauber des neuen Anfangs herausforderst und ausziehst in die Welt. Wenn du großzügig bist beim Feiern, überall mitmischt und nicht merkst, was du dir überhaupt noch leisten kannst. Als das Geld weniger wird, verlassen dich erst die flüchtigen Bekannten und dann irgendwann auch die, von denen du dachtest, sie wären wirklich deine Freunde gewesen. Eines Tages dann sitzt du da mit zerrissenen Glitzerkleidern zwischen den Schweinen. Und weißt gar nicht, wie das passieren konnte: Ein Scherbenhaufen aus Mist und Stroh und geplatzten Träumen.
Du merkst, du würdest so gerne noch mal zurück auf Anfang. Aber so geht das ja leider nicht im Leben. Was geschehen ist, ist geschehen. Verlassen fühlst du dich und voller Reue. Niedergeschlagen nimmst du allen Mut zusammen und brichst auf. Zurück zu den Leuten, die du am meisten enttäuscht hast. Mit hängendem Kopf, Schritt für Schritt gehst du gen Heimat. Was wird dich wohl erwarten…?
Und weil du nur auf deine eigenen Füße guckst, siehst du gar nicht, wie die Tür aufgeht. Wie jemand dich erkennt und die Arme ausbreitet. Du fühlst dich elend, und du riechst nach Mist und nach Scheitern. Aber dann ruft jemand deinen Namen, du siehst auf und erkennst, wie jemand dir entgegen rennt. Ja, so ist Gottes Güte, erzählt Jesus (nach Lukas 15).
Gott liebt es, gütig zu sein. Seine Güte reicht so weit der Himmel ist.
Ich bin anders. Ich rege mich auf. Enttäusche andere. Bin angewiesen auf die Güte von anderen Menschen. Und schaffe es nicht immer, dasselbe für andere zu tun: Ihnen mit Güte zu begegnen, die so weit ist wie der Horizont.
Jesus weiß das. Und er nimmt das Ernst. Seine Geschichten vom Gefunden-werden erzählen auch vom Verlorengehen. Von zerplatzten Träumen und von Orientierungslosigkeit. Aber sie enden nicht damit. Sie enden mit offenen Armen. Oder mit Gott, der selbst losgeht, um zu suchen, wer sich verrannt hat.
Tief wie das Meer und weit wie der Himmel
Und auch der Prophet Micha erzählt davon. Er nutzt nur andere Bilder. Er redet von Schuld und vom Meer. Es ist, als wenn er sagen würde: Das nächste Mal, wenn du am Meer sitzt, dann stell dir vor, Gott sitzt bei dir. Und ihr schaut zusammen raus. Bis zum Horizont. Da wo du kaum mit den Augen ausmachen kannst, wo das Wasser aufhört und der Himmel anfängt – dahin, so weit weg schiebt Gott das Schwere und die Schuld. Und er schiebt sie tief runter ins Meer. Ganz nach unten.
Wenn ihr zusammen abtauchen würdet ins Meer bis auf den Grund, dann würdet ihr da deine Schuld sehen können. Und manchmal kann es gut sein, dass ihr sie euch zusammen anseht. Einen vorsichtigen Blick darauf werft, wie sie da liegt in der Tiefe. Wenn ihr zusammen aushaltet, dass sie da ist.
Aber wenn ihr dann wieder zurückkehrt an den Strand, dann wird der Himmel über euch weit sein. Weit wie die Güte Gottes, die weiter reicht als jedes Meer und die alle unsere Schuld überspannt.
Danach sitzt ihr dann einfach zusammen. Und seht hinaus aufs Meer.
Ein Gott wie du?
Und ich weiß nicht, wie sich das dann anfühlen wird. Vielleicht wie eine Umarmung, vielleicht wie eine zweite Chance. Vielleicht wie die Luft nach einem heftigen Sommergewitter.
„Wo ist ein Gott, wie du?“, fragt Micha.
Und ich glaube, er hat recht: Keiner ist wie du, Gott. Amen.
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