Zünde dir eine Kerze an. Sei einen Moment still. Atme tief ein und wenn du magst schließ die Augen. Horche in dich rein. Horche auf Gott. Und dann sing oder lies das Lied „Macht hoch die Tür“ mit den alten Worten aus Psalm 24:

  1. Macht hoch die Tür, die Tor macht weit; / es kommt der Herr der Herrlichkeit, / ein König aller Königreich, / ein Heiland aller Welt zugleich, / der Heil und Leben mit sich bringt; / derhalben jauchzt, mit Freuden singt: / Gelobet sei mein Gott, / mein Schöpfer reich von Rat.

  2. Er ist gerecht, ein Helfer wert; / Sanftmütigkeit ist sein Gefährt, / sein Königskron ist Heiligkeit, / sein Zepter ist Barmherzigkeit; / all unsre Not zum End er bringt, / derhalben jauchzt, mit Freuden singt: / Gelobet sei mein Gott, / mein Heiland groß von Tat.

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Der Advent beginnt jedes Jahr mit diesen alten Verheißungen: Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch. Denn er kommt, der Herr der Herrlichkeit. Siehe, dein König kommt zu dir. Uralte Worte, tausendfach erzählt an Lagerfeuern, gesungen, gelesen, geflüstert und gebetet. Weitergetragen durch die Zeit. Auch der Bibeltext für heute ist so ein altes Prophetenwort:

Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin. Denn ich will die Wagen vernichten in Ephraim und die Rosse in Jerusalem, und der Kriegsbogen soll zerbrochen werden. Denn er wird Frieden gebieten den Völkern, und seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis zum andern und vom Strom bis an die Enden der Erde. (Saccharja 9,9-10)

Eine adventliche To-Do-Liste für Tochter Zion. Aber da stehen keine Weihnachts-Einkäufe drauf und kein Schmücken der Wohnung. Keine Adventskalender, die noch bis übermorgen gefüllt werden müssen. Nein, es ist hauptsächlich eine Verheißung, die von selbst geschehen wird. Und Tochter Zions Aufgaben sind eigentlich nur zwei Dinge. Freue dich! Und siehe.

Freue dich! Juble laut! Das ist schwierig dieses Jahr. Wir sollen nicht singen, nicht „Macht hoch die Tür“ und nicht „Tochter Zion“. Zumindest nicht gemeinsam. Adventskonzerte gibt es nur digital. Chorproben finden im Moment im Gemeindehaus nicht statt.

Ich glaube, dieses Jahr wird die Weihnachtsvorfreude stiller ausfallen als sonst. Und auch Tochter Zion jubelt diesen Advent vielleicht eher innerlich und trägt ihre Freude als stille, ruhige Gewissheit im Herzen durch die Welt. Sie weiß: Der König kommt. Und wird seine Wege zu den Menschen finden.

Ich glaube, wenn Tochter Zion in Engelsby unterwegs wäre, dann wüsste sie genau, wo sie hinmuss. Da, wo keine Adventspakete ankommen und wo der Schein der Lichterkette nicht hinreicht. Da, wo am Küchentisch gerechnet wird, für welche Geschenke das Geld in diesem Jahr reicht. Wo man sich noch gar nicht traut, darüber nachzudenken, mit wem man dieses Jahr Weihnachten feiern wird. Und ob man in den Weihnachtsgottesdienst gehen kann. Da, wo gestritten wird und die Nerven blank liegen. Wo die Kraft kaum reicht. Dahin würde sie gehen. Und sie würde sich ruhig mit dazu setzen, auf Abstand. Und dann würde sie sagen: Wisst ihr, der König ist schon unterwegs. Gerade zu euch. Zu euch, die ihr das Weihnachtslicht dieses Jahr am allermeisten braucht. Habt keine Angst.

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Ich will mir in diesem Advent etwas von ihrer Gewissheit leihen. Von Tochter Zions unaufgeregter Zuversicht, dass Gott schon längst auf dem Weg ist. Ich will mit ihr den Advent entdecken in den schlammigen Pfützen, in denen sich Herrnhuter Sterne spiegeln. Ich will mit ihr die alten Lieder summen, die vom Frieden auf Erden singen und von Jesus Christus, unserem König. Ich will den Advent in mein Herz lassen, wenn mir die Kassiererin kurz vor Ladenschluss noch lächelnd und mit heiserer Stimme einen schönen ersten Advent wünscht. Und will mir sicher sein: Gott sucht sich seine Wege. Anders als erwartet: Mit dem Retter der Welt, der im Stroh neben Schafen geboren wird. Mit einem König, der auf einem Esel reitet. Mit Liebe, die am Kreuz stirbt und aufersteht.

Jesus ist längst schon auf dem Weg. Auch zu dir.

Amen.

 

Eine gesegnete 1. Adventswoche wünschen wir Ihnen allen!

 

Bildnachweis: Lukas Langrock und Kelly Sikkema (Unsplash)


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